Bekannte und dokumentierte römische Landgüter

Ausgangspunkt für die zivile Erschließung der Pfalz waren die ersten Kastelle, die zur Sicherung der Rheingrenze angelegt wurden. Es entstanden überregionale und viele regionale Römerstraßen, Wege, Brücken und Straßenstationen. Zivile Siedlungen (vici) wurden erst um die Kastelle und mit dem Straßenbau im näheren und in verkehrsgeographisch, wirtschaftlich günstiger Lage im weiteren Umland sowie an wichtigen Wasserwegen gegründet. Straßenknotenpunkte bildeten sich dort, wo z. B. Rohstoffe ausgebeutet und verarbeitet wurden, wie im vicus von Eisenberg, in dem Eisenabbau, Verhüttung und Verarbeitung nachgewiesen wurde. Von zentraler Bedeutung für die militärische und wirtschaftlichen Stabilisierung der Region waren aber die entstehenden Landgüter (villae rusticae), die die militärischen und zivilen Siedlungen, mit lebenswichtigen landwirtschaftlichen Gütern versorgten. Bis zum Ende der Römerzeit entwickelte sich so eine imposante Infrastruktur, mit einem dichten Netz von villae rusticae in der Pfalz.

Bild 1: Ländliche Besiedlung im Hinterland von Speyer   (Aus: Bernhard, 2003, 27.)

Mit dem Begriff „villa rustica“ – Mehrzahl „villae rusticae“ – wird ein römisches Landgut (Gutshof) bezeichnet, das zwischen dem 1. und 5. Jahrhundert bewirtschaftet wurde. Der Begriff bezieht sich dabei nicht nur auf das Hauptgebäude (Herrenhaus), wie man fälschlich aus „villa“ ableiten könnte, sondern umfasst den Hofbereich mit allen Nebengebäuden und die umgebende landwirtschaftliche Nutzfläche.

 

Bild 1: Villa rustica Haßloch - Nebengebäude

Viele Spuren dieser römischen Gutshöfe hat man schon in der Pfalz lokalisieren können, aber nur sehr wenige konnten ausgegraben und wissenschaftlich dokumentiert werden.
Der Schwerpunkt der Ausgrabungen bezog sich lange Zeit ausschließlich auf den Bereich der Haupthäuser. Erst seit 1980 werden auch Nebengebäude ergraben und archäologisch aufgearbeitet. (vgl. Bernhard, 2001, 28) Eine große Anzahl villae rusticae liegen immer noch oberflächlich unsichtbar und unbekannt unter dem Boden, wie unsere Luftbilder aus den letzten Jahren von neuen römischen Siedlungsstellen belegen.

Bild 2: Villa rustica Ungstein - Teile des Haupthauses

Oft werden sie auch bei Bauarbeiten zufällig aufgedeckt und im Rahmen einer Notgrabung, in einem kleinen Zeitfenster, mit geringen finanziellen Mittel, unzureichend wissenschaftlich untersucht. So konnte das Landgut bei Bad Dürkheim-Ungstein, immerhin das bisher größte römische Landgut in unserer Region, auch nur durch eine Rettungsgrabung teilweise erforscht werden. Ist das Zeitfenster geschlossen, werden die Bautätigkeiten wieder aufgenommen und diese zerstören dann in der Regel endgültig die meisten noch erhaltenen Baustrukturen.

 

Bild 3: Villa rustica Wachenheim - Haupt-, Nebengeb.

Der Öffentlichkeit bleibt unter günstigen Umständen nur ein rekonstruiertes Gebäudeteil, als werbewirksame Erinnerung übrig. Es ist daher nicht verwunderlich, dass bisher nur sehr wenige römische Landgüter einigermaßen gründlich erforscht sind. Einige sind aber auch diesem Schicksal entgangen, wie zum Beispiel die villa rustica in Wachenheim. Dort hat man die aufgedeckten Fundamente mit großem finanziellen Aufwand überkront und so einige Gebäude (Haupt- und Nebengebäude) teilweise rekonstruiert.

 

Bild 4: Villa rustica Edesheim - Ausgrabung 2001

Mit dem Fund des dazugehörigen Gräberfeldes ist die villa rustica in Wachenheim eine der wenigen weitgehend vollständigen ergrabenen Gesamtanlagen. Sie ist frei zugänglich und mit Informationstafeln vorbildlich dokumentiert. Auch die 2001 in Edesheim entdeckte villa rustica soll nach der archäologischen Auswertung zu einem Freilichtmuseum ausgebaut werden. Die Kunstruinen sind zu werbewirksamen Attraktionen unsere Region geworden und vermitteln uns einen lebendigen Einblick in die Architektur und das Leben auf römischen Gutshöfen. Noch viel mehr gehören sie aber zu unserem kulturellen Erbe - das es zu bewahren gilt.

Literatur:
Bernhard, Helmut: Zum Stand der Frühgeschichtsforschung in der Pfalz, in: Archäologische Denkmalpflege Amt Speyer. Archäologie in der Pfalz. Jahresbericht 2001, Rahden/Westf. 2003, 21ff.

 

Auswahl von dokumentierten römischen Landgütern mit vereinfachten Rekonstruktionen

Bollendorf - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

 

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Breitenbach - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

 

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Großsteinhausen - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

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Herschweiler-Petersheim - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

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Katzenbach - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

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Konken - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

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Rothselberg - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

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Schuld - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

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Ungstein - Villa rustica

Beschreibung - Lageplan - Rekonstruktion

 

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Wachenheim -  Villa rustica

Beschreibung - Rekonstruktion

 

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archaeoflug 2008


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